Warum ist mir in meiner Arbeit mit Familien die Stärkung der Bindung zwischen Eltern (oder anderen Bezugspersonen) und Kindern wichtig? Wie funktioniert Bindung und was ist Bindung überhaupt?
„Als Bindung bezeichnet man die starke und innige Beziehung, die wir zu besonderen Menschen in unserem Leben haben und die dazu führt, dass wir uns freuen, wenn wir mit ihnen zusammen sind und uns durch ihre Gegenwart gestärkt fühlen, wenn wir uns in einer belasteten Situation befinden.“
(Berk 2011 in Entwicklungspsychologie, S. 259)
John Bowlby begründete die Bindungstheorie. Die Grundlage einer sicheren Bindung ist nach seiner Theorie, die angeborene Fähigkeit eine Vielzahl von Signalen aussenden zu können, um eine ihm zugehörige Bezugsperson an seine Seite zu rufen – ein sogenanntes biologisch angelegtes Bindungssystem. Ein Baby kommt auf die Welt und ist ein völlig hilfloses Lebewesen. Ohne mindestens eine Bezugsperson, würde es einfach nicht überleben. Im ersten Lebensjahr erfährt ein Mensch, wie auf seine Bedürfnisse reagiert wird.
Ein entscheidender Faktor für das entstehen einer sicheren Bindung ist die Feinfühligkeit der Bezugsperson. Damit erweiterte Mary Ainsworth Bowblys Bindungstheorie. Feinfühligkeit bedeutet, dass Bezugspersonen das Band zwischen sich und dem Baby vor allem dadurch stärken, indem sie adäquat und verlässlich auf die Bedürfnisse des Säuglings eingehen.
Vor allem im ersten Lebensjahr ist das Bedürfnis nach Nähe genauso wichtig wie die Aufnahme von Nahrung. Das Neugeborene durch zu viel Liebe und Nähe verwöhnt werden können, gehört eindeutig zu den traurigen Ammenmärchen aus einer anderen Zeit. Daraus ergibt sich auch, dass Kinder die schreien uns nicht ärgern wollen, sondern lediglich keine andere Möglichkeit haben auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Wenn Kinder im ersten Lebensjahr schreien gelassen werden erfahren sie, dass ihre Bedürfnisse unwichtig sind oder nicht wahrgenommen werden – der Aufbau einer sicheren Eltern-Kind-Bindung ist gefährdet und das Heranwachsen eines selbstbewussten Menschen schon zu einem frühen Punkt seiner Entwicklungsphase gehemmt.
Wie wichtig der Aufbau einer sicheren Bindung ist zeigt die Tatsache, dass erst durch die Befriedigung des Bindungsbedürfnisses das Explorationsverhalten eines Menschen aktiviert wird. Das heißt, nur in einem sicheren und geborgenen Umfeld ist der Mensch fähig, sich frei und uneingeschränkt zu entfalten.. Bindungserfahrungen die Kinder in ihrer frühen Entwicklungsphase machen, sind maßgeblich daran beteiligt wie sich Menschen entwickeln und wie Beziehungsfähig sie im Erwachsenenalter sind. Indem wir also auf die Grundbedürfnisse eines Babys nach Liebe und Nähe eingehen, haben wir gute Chancen einen ebenso einfühlsamen und liebenden Menschen aufwachsen zu sehen.
Das Grundbedürfnis eines Kindes nach Liebe und Nähe zu einer Bezugsperson, bildet daher die Grundlage für meine Tätigkeit als Trageberaterin und PEKiP Gruppenleiterin.